![]() |
|||
![]() Notiz aus der "art" 9/02 ![]() Der "NDR" zu Besuch ![]() Presseüberschrift ![]() Vernissage (1) ![]() Vernissage (2) ![]() Vernissage (3) |
Der Teufel prostet dem Tod zu B. Eimo Cremers neue Installation "Tagesthemen" Hans-Adelbert Karweik Flackerndes Kerzenlicht, gediegene Weingläser, elegantes Tischtuch lassen Frohsinn nicht aufkommen. Im Gegenteil, das leicht zerknautschte weiße Damasttuch verstärkt noch den Eindruck, als trinke der Tod mit dem Teufel. B. Eimo Cremer hat diese düstere Tischszene unterhalb eines ganzen Arsenals herunterstürzender Bomben platziert. Die Bomben sind angeordnet wie eine Stalinorgel im Zweiten Weltkrieg. Doch dem Künstler geht es diesmal, in der riesigen Halle im florierenden Gewerbegebiet Heinenkamp, gar nicht mehr um den Nazi-Terror wie noch im Erdgeschoss des Geschäftshauses im Schachtweg, sondern um zeitnahe, aktuelle Fragen: den Terrorismus, der das 21. Jahrhundert so unerwartet kriegerisch hat beginnen lassen. Die Tagesthemen beherrscht nach Cremers Auffassung der Krieg: zwischen Israel und den PLO-Palästinensern, Amerika und den El-Kaida-Terroristen. Nirgendwo Schutz Niemand sei, nirgendwo in der zivilisierten, westlichen Welt, sicher vor Anschlägen. Der plötzliche Tod könne unerwartet spielende Kinder treffen, wie er Touristen in Tunesien holte. Eine Spielecke mit ihren blauen Latten hat Cremer wieder aufgebaut, nur leicht verfremdet in die gesamte mehrteilige Installation in der 500 Quadratmeter großen, 8 Meter hohen und 14 Meter breiten Halle am Bauboulevard einbezogen. Überhaupt spielt er mit den vorhandenen Materialien des einstigen Badausstatters. Die blutroten Buchstaben der Firma liegen nun in Geigenkästen oder Maschinengewehren gleichend auf dem Hallenboden. Einstige Einfassungen aus silbernem Drahtgeflecht lugen aus ihnen heraus wie gerissene Saiten oder Magazinbänder der MGs: Spiel mir das Lied vom Tod. Darüber spielt der Wind (Luftzug) mit dem Deckengebälk. Alles stürzt ein wie das New Yorker World Trade Center am 11. September 2001, wenn die fliegenden Bomben kommen. Ganz im Stil bisheriger Montablen sind aus 80 Zentimeter langen Baumarktlatten die Soldaten gemacht, zusammengehalten von Schraubzwingen. In Reih' und Glied marschieren sie kopflos wie Lucas' Klonkrieger auf. Ihnen gegenüber vollführen Opfer ihren makabren Totentanz. Cremer ist ein politischer Künstler, denen die Documenta XI gerade ein großes Forum bietet. Terrorismus überall Er hat sich mit der deutschen Wiedervereinigung befasst, mit den Neonazis und ihren Altmeistern, dem dissonanten Verhältnis zur Technik und oberflächlicher Weihnachtsromantik. Jetzt greift er in der Installation "Tagesthemen" den Terrorismus auf. Die Kunst ist ökologisch geblieben, denn alles ist wiederverwendbar. Sie ist auch ökonomisch, weil eben alle Teile quasi aus Bauschutt oder Baumarktlatten zusammengefügt sind. Technisch ist der Standard hoch, da sorgfältig berechnende Ingenieurkunst diese schwebenden Montablen möglich macht. Vor allem aber überzeugt Cremers "arte povera" durch ihre politische Aussage. Es gelingt ihm, den Terrorismus in einer einzigen Raum füllenden Installationsreihe darzustellen, zu interpretieren und zu kommentieren. (Wolfsburger Nachrichen, 21. Juni 2002) |
||
zur vorherigen Seite zum Anfang dieser Seite zur nächsten Seite |